Samstag, 29. Januar 2011

Margret Geitner berichtet für dieses Blog regelmäßig über ihre Eindrücke der Karawane Bamako-Dakar . (Alle Berichte)

Samstag, 29. Januar 2011

Es sind 60 km von Nioro nach Gogui, den Grenzort nach Mauretanien. Hier werden die Refoulés von der mauretanischen Polizei an die malische übergeben, die sie wiederum an das Rote Kreuz „weitergibt“ …

Nachdem wir mit unserem Gastgeber der lokalen Organisation der AME klären konnten, dass wir ein Fahrt gen Gogui antreten können – die Strecke dorthin und der Ort selbst sind hinlänglich sicher und ungefährlich – fahren wir los.

Eine Fallschirmspringerübung des malischen Militärs ist die erste Abwechslung auf dem Weg durch die Savanne. mitten im Sahel nahe der Wüste ein beinahe skurriles Bild. Plötzlich fallen zehn weiße Fallschirme vom Himmel.

Nach wenigen Kilometern werden wir zum ersten Halt gezwungen – Panne, Motorpanne. Zum Glück sind wir in einem Dorf, steigen aus, unsere Musiker holen ihre Bongos heraus und die DorfbewohnerInnen kommen. Einem UFO gleich fallen zwei Reisebusse in ein kleines Dorf im Sahel ein. Die BewohnerInnen beäugen uns mit mehr Interesse und Sympathie als uns das in Europa zuteil werden würde. Wir sprechen miteinander, ein Dorfbewohner holt sein Instrument und schließt sich der Musikercombo an. Umringt von einer Menschentraube geben sie ein spontanes Livekonzert. Andere von uns verstecken sich im Schatten, andere verteilen Flugblätter und erzählen, was wir wollen und wer wir sind. Schließlich kommt ein Ersatzbus aus Nioro. Unter großem Beifall und mit allerlei freundlichen Verabschiedungen setzen wir unseren Weg gen Grenze fort.

Die Landschaft verändert sich zusehends. Es wir noch trockener, keine Bäume mehr, nur noch wenige trockene Sträucher wachsen hier. Einige Viehhirten ziehen mit ihren Ziegen umher. Kamele stehen am Wegrand.

Relativ unvermittelt stehen wir an der Grenze. Schilder der EU bzw. von CIGEM (Centre d’Information et de Gestion de Mali) erklären uns, dass sie hier „unfreiwillige MigrantInnen“ aufnehmen. PAMIREG heißt das Projekt (Project d’accueil des migrants involontaires au retour et des migrants en transit à Gogui). Mit Erstaunen nimmt man die Formulierungen auf: Unfreiwillige MigrantInnen auf der Rückkehr und MigrantInnen im Transit. Wie uns die Mitarbeiter des malischen Roten Kreuzes in Nioro sagten, kommen die Zurückgeschobenen in schlechtem Gesundheitszustand, hungrig und durstig an der Grenze an – oft aus dem von Spanien finanzierten Lager nahe Nouakchott. Unfreiwillige Rückkehr, Rückschiebung – das wären die richtigen Worte. Unfreiwillige MigrantInnen allerhöchstens in dem Sinne, dass sie ihre Länder verlassen müssen, weil das Wasser privatisiert wird, die Eisenbahn privatisiert wird, die Preise beständig steigen, das Land von Unternehmen gekauft wird, die Jatropha und andere für Biosprit vernutzbare Pflanzen anbauen ….

Erstaunlich entspannt sind die malischen Grenzpolizisten. Nach einigen Verhandlungen machen wir eine kurze Demonstration über die Grenze. Solidarité avec les refoulés! Hitze, Staub, Sturmböen aus Sand und 150 Menschen, die für Bewegungsfreiheit rufen – bizarre Szenerie!

Das kleine Aufnahmezentrum des Roten Kreuzes ist leer. Immer weniger MigrantInnen werden über diesen Grenzpunkt gen Mali zurückgeschoben. Waren es vor einem Jahr noch mehr als 150 im Monat, kommen heute oft mehrere Tage lang keine. Liegt es daran, dass diese Migrationsroute über Mauretanien, Marokko mittlerweile von Frontex und den jeweils eigenen Grenzpolizeien so abgesichert wird, dass sie kaum noch genutzt wird?

Das Rote Kreuz bringt die MigrantInnen nach Nioro und nach zwei Tagen Erstversorgung werden sie entweder nach Bamako oder Kayes (eine größere Stadt im Westen Malis, nahe der senegalesischen Grenze) gebracht. Finanziert wird dieses Projekt vom spanischen Roten Kreuz. „Schließlich hat Spanien mit seiner Grenzsicherung und Finanzierung der Migrationskontrolle in Nordafrika diese Lage mit herbei geführt. Da sollen sie wenigstens auch einen Teil der Folgen tragen“, lautet die lapidare Antwort des Mitarbeiters das malischen Roten Kreuzes auf unsere Frage, warum Spanien Finanzier dieses Projektes ist.

Auf unserer Rückreise treffen wir bei einer kleinen Pause Abenteurer aus Ungarn. Budapest-Bamako heißt ihre Karawane, 5 Landrover mit jungen Männern auf einem Trip durch die Wüste.

Spät in der Nacht kommen wir wieder in Bamako an.

Weitere Informationen auf der Seite Afrique-Europe-Interact.net