Andrea Plöger: Charta der freien Medien 2015

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Seit dem WSF 2013 haben Blogger_innen, Journalist_innen, Kommunikationsrechtsaktivist_innen, Radiomacher_innen, Videoaktivist_innen, Hacker_innen und Vertreter_innen sozialer Bewegungen an der Formulierung einer Charta der Freien Medien gearbeitet. In Seminaren in Porto Alegre, Tunis, Paris und Marrakesch wurde ein gemeinsamer Entwurf etnwickelt. Die am letzten Tag Forums der Freien Medien auf dem WSF 2015 (www.fmml.net/)  verabschiedete Charta ist das Ergebnis von Verständigung über die Form und die politischen Voraussetzungen für freie Medien. Freie Medien haben überall eine andere Konnotation: freie Radios heißen auf französisch assoziative Radios (Radios associatifs), im Englischen und Spanischen Gemeinschaftsradio (community radio/ radio communitario) und freie Medien werden im brasilianischen Kontext „befreiende Medien“ (as medias livristas) genannt. Freie Medien, derer sich soziale Bewegungen bedienen, unterscheiden sich ebenfalls stark. Während in Wesfafrika und vielen Teilen Lateinamerikas (und auch in Tunesien) das Radio eine wichtige Rolle spielt, hat der Videoaktivismus bei den Protesten am Tahrir Platz in Ägypten viele bewegt und war in den Gipfelprotesten in Europa und in Nordamerika eines der wichtigsten Kommunikationsmedien.

Gemeinsam ist freien Medien jedoch der partizipative, basis-demokratische und nicht-kommerzielle Ansatz. Im Gegensatz zu hegemonialen Medien, wo vielfach Informationen wie andere Waren gehandelt werden oder die als PR-Agentur von Mischkonzernen dienen; im Gegensatz zu Medien, die im Interesse von Oligarchien fungieren oder Hasspropaganda gegen gesellschaftliche Gruppen verbreiten, verfolgen freie Medien einen partizipativen und inklusiven Ansatz: „Die hegemonialen Medien reproduzieren ein Wertesystem und ein Verständnis der Welt, was eine fortschreitende Diskrepanz zwischen den reellen Bedürfnissen der Gesellschaft erzeugt und die ohnehin marginalisierten Gruppen weiter ausgrenzt. (…) Die großen Medien sind hegemoniale Vektoren einer Konstruktion von Sinn, Subjektivität und der öffentlichen Meinung geworden. Sie haben eine Logik des Marktes auf dem Gebiet der Kultur, der Sprache etabliert und sich als veritable und oftmals destablisierende Macht in verschiedenen Regionen der Welt etabliert“ (Charta der Freien Medien).

Daher sind freie Medien eine Voraussetzung für die Bildung einer (globalen) Zivilgesellschaft, Inklusion, Partizipation und damit auch mittelfristig ein Weg zu Versöhnung und Frieden. Die „Stimme derer ohne Stimme“, als die sie sich verstehen, muss hörbar und die Sprecher_innen müssen sichtbar werden, wenn emanzipative Bewegungen Erfolg haben wollen.